Stasi-Verdacht im Landtag

Woche für Woche können Sie hier nachlesen, was vor 30 Jahren los war. Wie das Land entstand. In dieser Woche geben sieben Abgeordnete ihr Mandat zurück.

26. Mai

Musik: Die Orgel in der Sternberger Kirche spielt wieder. Das gute Stück ist eine sehr seltene romantische Orgel aus dem 19. Jahrhundert. Sie wurde mehrere Jahre restauriert.

Kultur: Günter Grass ist in Schwerin. Er eröffnet im Staatlichen Museum seine Ausstellung „Totes Holz“ und liest im Staatstheater aus seinem gleichnamigen Buch.

Geschichte: Der „Verein der Freunde des Schweriner Schlosses“ gründet sich. Anliegen des Vereins ist es, die kulturelle und historische Bedeutung des Schlosses und des Burg-/Schlossgartens zu wahren und fördern.

Politik: Das „Neue Forum“ bleibt eigenständig. Die Bürgerbewegung beschließt, keine Partei zu werden und auch nicht im Bündnis 90 aufzugehen. 

27. Mai

Politik: Der Justizminister sucht ein neues Domizil für sein Ministerium – und sieht sich dafür auch in Wismar um. Auf der Besichtigungstour stehen der Fürstenhof, das Zeughaus und ein Gebäude der Matthias-Thesen-Werft. 

Wirtschaft: Für das Gaststättengewerbe in MV gilt ein Tarifvertrag. Davon profitieren rund 12.000 Beschäftigte. Ein Facharbeiter erhält im ersten Berufsjahr ab Oktober 1405 DM, ab dem zweiten Berufsjahr 1690 Mark. Bis dahin gibt es zunächst einen kleinen Zwischenschritt nach oben.

Aufarbeitung: Das Innenministerium hat eine Untersuchung zu möglichen Zwangsadoptionen in der DDR angeordnet. 

Sport: Rostock bewirbt sich um die Austragung der olympischen Segelwettbewerbe im Jahr 2000. Die Bewerbung für Warnemünde soll in dieser Woche abgegeben werden. Stralsund und die Insel Rügen machen sich auch Hoffnung. Sie wollen in dieser Woche eine Machbarkeitsstudie vorstellen.

Und das noch: Am Schloss drehen sich große Bohrer in die Erde. Das soll den Sanierungsbedarf für die Schlossgründung zutage fördern. Die Gründung stammt aus dem Mittelalter und hat stark gelitten. 

28. Mai

Politik: Das Land kauft das Militärgelände Prora auf Rügen. Noch gehört es der Bundeswehr. Bis Ende September soll es in Landeseigentum übergehen.

Der Gebäudekomplex auf Prora wurde zwischen 1936 und 1939 errichtet und sollte ursprünglich eine Ferienanlage werden. Während des Zweiten Weltkrieges nutzten die Nazis Prora unter anderem als militärische Ausbildungsstätte, für ein Polizeibataillon und als Lazarett. Zu DDR-Zeiten zieht die Nationale Volksarmee (NVA) ein. Das Areal wird zum Sperrgebiet. Nach der Wiedervereinigung übernimmt die Bundeswehr die Anlage. Danach geht sie ans Land. Teile der Anlage werden an Investoren verkauft und sind nun (Ferien)Wohnungen. Hier befinden sich auch das Dokumentationszentrum Prora und die größte Jugendherberge des Landes. Foto: wikipedia

Landtag: Zwei Abgeordnete der Fraktion Linke Liste/PDS legen ihr Landtagsmandat nieder. Grund: ihre frühere Zusammenarbeit mit der Stasi. Bereits vor einigen Tagen hat es auch Austritte aus der SPD und der CDU gegeben. 

29. Mai

Energie: Rostock erhält ein Steinkohlekraftwerk. Die Genehmigung ist erteilt. Am Montag sollen die Bauarbeiten im Vorhafengebiet beginnen. Es soll 1994 ans Netz gehen und mehrere alte Heizkraftwerke ersetzen. Projektvolumen: 1,2 Milliarden DM.

30. Mai

Wirtschaft: Die Schlossbrauerei Schwerin ist verkauft. Neue Eigentümer sind zwei Dänen. Sie agieren als Privatpersonen. Mehr als 70 Mitarbeiter verlieren ihre Arbeit.Jeder der entlassen wird, soll laut Sozialplan ein Jahr lang monatlich 1000 Mark erhalten, so lange er keine neue Arbeit hat. 

Rostock: Umweltministerin Petra Uhlmann eröffnet in Warnemünde ein Amt für Umwelt und Natur. Künftig soll es zehn solcher Ämter in MV geben. Warnemünde folgt damit auf Parchim. Die Mitarbeiter sind unter anderem dafür zuständig, die gesetzlichen Vorschriften der Wasser- und Abfallwirtschaft sowie des Natur- und Immissionsschutzes zu kontrollieren. 

31. Mai 

Landtag: Das Plenum kommt zu einer Sondersitzung zusammen. Sie dauert gerade einmal acht Minuten. Anlass: Die Stasi-Vergangenheit einiger Abgeordneter. Sieben Landtagsmitglieder (vier CDU, ein SPD, zwei Linke Liste / PDS) hatten bereits ihren Mandatsverzicht erklärt. Der Landtag muss die Rückgaben formal beschließen. Insgesamt elf Abgeordnete wurden der Stasi-Zusammenarbeit verdächtigt. In acht Fällen habe sich der Verdacht bestätigt. Drei Abgeordnete wurden nach der Überprüfung von dem Verdacht freigesprochen.

Politik: Der Innenminister entlässt seinen Abteilungsleiter für öffentliche Sicherheit. Grund sind wiederholte Ausschreitungen gegen ein Asylbewerberheim in Schwerin und der Vorwurf, die Polizei habe zu zögerlich eingegriffen.

Wirtschaft: Betriebsrat und Vorstand der Deutschen Maschinen- und Schiffbau AG unterzeichnen eine Vereinbarung zur Gründung von Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaften. Wenn im Juli der Tarifvertrag ausläuft, darf niemand mehr entlassen werden, ohne gleichzeitig ein Jobangebot in diesen Gesellschaften zu erhalten. 

Medien: Der NDR verhandelt mit Vertretern der Landesregierung über einen Beitritt von MV zum Norddeutschen Rundfunk. Ministerpräsident Alfred Gomolka favorisiert jedoch einen Nordostdeutschen Rundfunk mit Brandenburg und dem Sender „Freies Berlin“.

1. Juni

Und das noch: Vor 30 Jahren kommt in der BRD die Anti-Baby-Pille auf den Markt. 1965 auch in der DDR. Dort wird das Verhütungsmittel als „Wunschkindpille“ bezeichnet.